Objekt des Monats 4/2019: Haus des Lernens in St. Pölten

Das „Haus des Lernens“ der GESA bietet Arbeits-, Beratungs- und Schulungsräume für arbeitsmarktferne Personen. Reduzierter Energieverbrauch, bauökologische und -biologische Materialaspekte sowie die flexible Nutzbarkeit zeichnen das Gebäude aus. Es erreicht mit 1000 Punkten klimaaktiv GOLD Standard.

Die GESA als gemeinnütziger, sozialökonomischer Betrieb unterstützt Arbeitsmarkt-ferne Personen durch Beratung, Qualifizierung und angeleitete Beschäftigung bei der Re-Integration in den Arbeitsmarkt. Architekt Martin Aichholzer (MAGK aichholzer/klein ZT OG): „Der hohe Anspruch an die ökologische wie auch soziale Nachhaltigkeit des ‚Verein Wohnen‘ und der ‚GESA‘ sollte sich im Haus des Lernens durch einen möglichst geringen „ökologischen Impact“ wiederspiegeln. Das Gebäude zeichnet sich bei der Errichtung und im Betrieb durch einen geringen Ressourcenverbrauch aus.“

Das dreigeschoßige Bürogebäude beinhaltet eine Vielzahl an Büro- und Beratungsräumen, Seminarräumen und Sozialräumen.

Konstruktion

Um den Einsatz regenerativer Baustoffe zu maximieren, wurde Holz als primärer Konstruktionsbaustoff eingesetzt. Im Inneren bilden Brettsperrholzelemente (CLT) den steifen Kern des Gebäudes. Eine Skelettkonstruktion aus Brettschichtholz überspannt die Querachse, wodurch die Flexibilität der möglichen Umgruppierung und Umnutzung erreicht wird. Die Außenwände sind mit Stroh ausgefachte Holzständerwände, welche mit Lehm verputzt sind und nur ihr Eigengewicht tragen müssen. Die Außenhülle ist in den unteren Geschoßen mit einem diffusionsoffenen Putzsystem überzogen, im Dachgeschoß bildet eine Lärchenschalung die Fassade. Ausnahmen an regenerierbaren beziehungsweise rezyklierbaren Materialien sind im Wesentlichen die Bodenplatte und beide Stiegenläufe aus Stahlbeton, die Dachhaut aus EPDM und die Dämmung des Warmdachaufbaues an der Grundstücksgrenze.

In den Büroräumen bleibt die Skelettkonstruktion komplett, die CLT Wände und Decken großteils sichtbar. Der Lehmputz an den Außen- und an den Innenwänden komplettiert das Erscheinungsbild der Büroräume und sorgt für ein positives Raumklima. In der Dachkonstruktion kommen Dachbinder mit einer Höhe von 50cm zum Einsatz. Zwischen den Sparren werden ebenfalls Strohballen als Wärmedämmung eingesetzt. Mit einem HWB-Wert von ca. 12 kWh/m²a erreicht das Gebäude Passivhausstandard.

Den Heiz- und teilweise Kühlbedarf übernimmt eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die aus dem Grundwasser gespeist wird. Die Energieverteilung erfolgt über Flächenelemente, die an den Innenwänden in den Lehmputz eingearbeitet sind. Eine kontrollierte Raumlüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung über zwei zentrale Systeme minimiert die Lüftungsverluste.

Die Aufenthaltsräume mit stark schwankender Belegung (Sozialräume, Schulungsräume) sind mit variablen Volumenstromreglern ausgestattet, die über CO2-Sensoren in den entsprechenden Räumen angesteuert werden. Für die übrigen Räume wurde für die Betriebszeiten ein annähernd konstanter Volumenstrom vorgesehen, der an die mittlere Personenbelegung angepasst wurde. Außerhalb der Betriebszeiten wird die Anlage auf minimaler Lüftungsstufe betrieben. Das Lüftungssystem für die Schulungswerkstätten wird bedarfsabhängig manuell betrieben. Die Anlage wird außerhalb der Betriebszeiten ausgeschalten.

Ökologische, regionale Baustoffe

Bei den verwendeten Baustoffen wurde eine maximale Entfernung aller beteiligten Gewerke von 200 km eingehalten. Die Brettsperrholzelemente und Brettschichtholzelemente wurden „just-in-time“ von der Produktionsstätte an die Baustelle geliefert, die Dachelemente wurden bereits in der Zimmerei mit Strohdämmung versehen, um eine rasche und witterungsunabhängige Montage zu gewährleisten. Nur die Außenwandelemente wurden unbefüllt eingebaut, da die Dämmarbeiten einen Teil des Ausbildungsprogramms der Auftraggeberin GESA darstellen.

Insgesamt wurden 55% der Rohstoffe aus regenerierbaren Materialien, 38% aus wiederverwendbaren oder rezyklierbaren und 8% aus nicht regenerier- oder rezyklierbaren Materialien verwendet. Obwohl im Vorfeld eine archäologische Erkundung und eine Untersuchung nach Kriegsrelikten (Bahnhofnähe) durchgeführt werden musste, ist der Kostenrahmen für dieses Projekt im Vergleich zu anderen gleichvolumigen Bauvorhaben im unteren Bereich zu sehen.

Beteiligte

  • Bauherrschaft: GESA Gemeinnützige Sanierungs- und Beschäftigungs GmbH
  • Architektur: MAGK aichholzer/klein ZT OG
  • Bauphysik: DI Erwin Schwarzmüller
  • Haustechnik: leit-wolf Luftkomfort
  • klimaaktiv Auditbegleitung: IBO
Veröffentlicht am 09.04.2019